
Ort: Universität Hamburg, Hörsaal D Philturm
Das Narrativ vom „langen Weg nach Westen“, an dessen Ende die „Geglückte Demokratie“ stand, gehörte lange zum unangefochtenen Standardwissen über die Bundesrepublik. Zwar wurde es auch schon früh kritisiert, u.a. von Axel Schildt, aber die Perspektive blieb dabei auf die Mehrheitsgesellschaft gerichtet, auf die Kontinuität der Eliten in Staat, Militär, Polizei und Wissenschaft und den sehr langsamen Einstellungswandel in der „normalen Bevölkerung“. Blickt man dagegen auf die ersten Jahrzehnte nach dem Krieg aus der Perspektive der ehemals (und z.T. immer noch) Verfolgten, so ändert sich dieses Bild radikal. Der Vortrag plädiert dafür, den Blick auf die westdeutsche Demokratie neu zu justieren – und dies auch in Hinblick auf drei aktuelle Themenfelder: die Erarbeitung einer glaubwürdigen, inklusiven Erinnerungskultur, die Perspektive der (Re-)Migrierenden als integrativer Teil der deutschen Geschichte sowie, last but not least auf die Frage nach den Defiziten bzw. der Stabilität von Demokratisierung und Liberalisierung.
Prof. Dr. Stefanie Schüler-Springorum (Zentrum für Antisemitismusforschung an der TU Berlin)
Moderation: Prof. Dr. Kirsten Heinsohn (FZH)
Vortragsreihe Kriegsende 1945 in Europa. Ereignisse, Erfahrungen, Deutungen
Im Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg. In den sechs Jahren zuvor hatten bis dahin unvorstellbare Kriegsverbrechen und Gewaltexzesse unter deutscher Führung in ganz Europa stattgefunden. Millionen Menschen wurden rassistisch oder politisch verfolgt, Millionen wurden während und nach dem Krieg vertrieben, Millionen Menschen wurden ermordet. Inmitten dieses Geschehens entfaltete sich der Völkermord an den europäischen Juden, der Holocaust. Das Kriegsende verbanden Viele mit der Hoffnung auf Frieden, die Bestrafung der Schuldigen und die Rückkehr in ein freies Leben. Doch wurden die Erfahrungen und Ereignisse höchst unterschiedlich gedeutet. Die Vorlesungsreihe nimmt diese differenten Erfahrungen und Deutungen zum Ausgangspunkt, um ausgewählte Themen zur Bewältigung des Kriegsendes vorzustellen.
Die Reihe wird veranstaltet von Arbeitsbereich Deutsche Geschichte des Fachbereichs Geschichte (Universität Hamburg), Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg, Institut für die Geschichte der deutschen Juden
Bild: Bundesarchiv, Bild 183-M1015-332, Fotograf: Otto Donath