
Vortrag von Alfredo Schwarcz am 18.6.2025
Die deutsch-jüdische Emigration nach Argentinien zwischen 1933 und 1945 stellt ein bislang wenig beachtetes Kapitel der Geschichte dar. Etwa 40.000 bis 45.000 Jüdinnen und Juden aus dem deutschsprachigen Raum flohen in dieser Zeit vor der nationalsozialistischen Verfolgung nach Argentinien – in ein ihnen zunächst fremdes Land, das zugleich Schutz bot und neue Perspektiven eröffnete. Alfredo Schwarcz, selbst Nachkomme deutsch-jüdischer Emigrant:innen, näherte sich diesem Thema in seinem Vortrag sowohl aus persönlicher als auch historischer Perspektive. Er sprach über die Erfahrungen der Geflüchteten und ihrer Nachkommen: über das Ankommen in einem fremden Land, den Aufbau neuer Gemeinschaften und den Verlust der vertrauten Heimat. Dabei rückte er besonders die Frage in den Mittelpunkt, wie Erinnerung bewahrt wird und wie sich Zugehörigkeit über Generationen hinweg verändert und neu bildet. In diesem Kontext stellte Schwarcz das von ihm geprägte Konzept der „Landkarte der Zugehörigkeit“ vor – ein Modell, in dem sich die Zugehörigkeit im Laufe eines Lebens immer wieder verändern kann. Außerdem bezog Schwarcz seine berufliche Perspektive als Psychologe fortgehend in den Vortrag mit ein, insbesondere im Hinblick auf Identitätsbildung und die Auseinandersetzung mit der eigenen Herkunft. Ergänzt wurden seine Ausführungen durch gelesene Passagen aus selbstgeführten Interviews mit Personen, die individuelle Einblicke in die vielschichtige Realität von Flucht und Exil ermöglichten. Im Anschluss an den Vortrag entwickelte sich eine rege Diskussion mit dem Publikum. Zentrale Aspekte des Vortrags wurden aufgegriffen, reflektiert und im gemeinsamen Austausch weiter vertieft.
Text: Melanie Wittkopf
Mehr zur Flucht nach Südamerika erfahren Sie in der Online-Ausstellung "Nichts. Nur Fort!"