Arno Herzig, Ina Lorenz (Hg.)
1992

Erst seit ungefähr zehn Jahren befaßt sich die historische Forschung in Deutschland intensiv mit dem Problem der Verdrängung und Vernichtung der Juden unter dem Nationalsozialismus. Die Sinnlosigkeit des Geschehens erschwerte eine rationale Deutung, auf die Historie angewiesen ist. Im Wintersemester 1991/92 — 50 Jahre nach Beginn der Deportation der Hamburger Juden — versuchten die Referenten einer öffentlichen Vorlesungsreihe an der Universität Hamburg, eine Deutung zuwichtigen Komplexen dieses Themas zubieten. Es war u. a. die Absicht, die allgemeine Problematik an regionalgeschichtlichen Beispielen aufzuzeigen und dabei auch die Schwierigkeiten deutlich zu machen, die die Geschichtsforschung und -schreibung damit hat. Die Vorträge werden hier in erweiterter, z. T. auch neu gefaßter Form publiziert. Dabei sollten u. a. die in der ehemaligen DDR entwickelten Forschungsergebnisse, ferner die neuen Ansätze einer «postkommunistischen» Holocaust-Forschung berücksichtigt werden. Historische Forschung und histori-sche Bewältigung der Shoah sind zweierlei. Nicht nur das osteuropäische Beispiel Lettland, wo sich das Problem der «Bewältigung» recht drastisch stellt, oder aber Polen, macht dies deutlich. Auch in der Bundesrepublik, der alten wie der neuen, isteine Aufarbeitung nicht gelungen. Jüngste Äußerungen zeigen, daß sich ein allgemeines antijüdisches Vorurteil ohne Scham neu artikuliert. Dagegen hilft nur Aufklärung.

Das Buch gliedert sich in vier Aspektkapitel. Einmal geht es um die historische Deutung und Darstellung in der Bundesrepublik, in Israel und als exemplarische Beispiele für die osteuropäische «postkommunistische» Forschung: Lettland und Polen.

 

Hamburger Beiträge zur Geschichte der deutschen Juden - Band XIX