Irmgard Stein
1991

Ist der jüdische Kaufmann Lazarus Gumpel identisch mit der Figur des „Gumpelino", die Heinrich Heine in den „Bädern von Luca" auftreten läßt? Die bis dahin entdeckten Fakten aus Lazarus Gumpels Leben reichten für eine Antwort auf diese Fragestellung nicht aus. Als eine Schöpfung Lazarus Gumpels hatte ihn seine Stiftung für Freiwohnungen — bis zu ihrem gewaltsamen Ende während der NS-Zeit — überdauert. Lazarus Gumpel erkannte in den seinerzeit halbjährlichen Mietzahlungen eine wesentliche Ursache zur Verarmung vieler Familien. Der Leitgedanke einer Vorsorge bei der Gründung seiner Stiftung für jüdische Einwohner Hamburgs zeigt ihn als Mensch mit hoher sozialer Verantwortung. Seine Absicht war es, mit Hilfe eines Anteils aus dem von ihm erworbenen Vermögen, weniger Begüterten auf Dauer eine Erleichterung in ihrem Dasein zu verschaffen. Als Mitbegründer des Tempelverbandes in Hamburg werden aber auch seine Reformbestrebungen im Judentum deutlich. Er setzte sich außerdem dafür ein, für die jüdischen Bewohner Hamburgs eine gleichberechtigte bürgerliche Anerkennung zu erreichen.

Dies alles zeigt ihn weit entfernt von den „Narrheiten" des Heineschen „Gumpelino". Heines geniale Fähigkeiten und Lazarus Gumpels kaufmännisches Geschick führten beide zu grundsätzlich anderen Auffassungen über den „Gewinn des Lebens". Daher ist ihre Begegnung — offensichtlich nicht ohne Verschulden Heines — für das Ansehen Lazarus Gumpels und seiner Familie so überaus unglücklich verlaufen.

 

Hamburger Beiträge zur Geschichte der deutschen Juden - Band XVIII

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