Monika Richarz (Hg.)
2001

Jüdische Existenz in der Frühen Neuzeit

In Hamburg geboren, aber fälschlich unter dem Namen »Glückel von Hameln« popularisiert, war die fromme Jüdin Glikl Bas Judah Leib (1646/47-1724) nicht nur Mutter von vierzehn Kindern, sondern auch Großhändlerin mit Perlen und Juwelen. Ihre Familien- und Handelsbeziehungen erstreckten sich über ganz Mitteleuropa. Wie kein anderes Werk erlauben die Erinnerungen der jüdischen Kauffrau einen tiefen Einblick in die Lebenswelt der deutschen Juden in der Frühen Neuzeit. Zwar wurden die Erinnerungen Glikls in viele Sprachen übersetzt und mehrfach dramatisiert, doch in diesem Band wird erstmals der Versuch gemacht, ihr Werk in seiner ganzen Vielfalt im Kontext der Zeit wissenschaftlich zu erschließen. Dabei geht es nicht nur um die Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Juden im 17. Jahrhundert, sondern auch um jüdische Familien- und Frauengeschichte, um weibliche Bildung und literarische Vorlagen, um die westjiddische Sprache der Memoiren, um Religiosität und messianische Erwartungen. Aufschlußreich sind die Erinnerungen Glikls auch im Hinblick auf die jüdischen Gemeinden in Hamburg und Altona, die portugiesischen Juden ins Hamburg und die Judenpolitik der Hansestadt. Die farbige Schilderung Glikls erlaubt zudem Aussagen über das Verhältnis zwischen Juden und Christen, die über die religiöse Judenfeindschaft hinaus weisen und auch positive Alltagsbeziehungen verzeichnen. Vierzehn Experten aus den USA, Israel, England und der BRD analysieren alle Facetten jüdischen Lebens in Glikls Werk.

Monika Richarz
Die Historikerin Monika Richarz arbeitete am Leo Baeck Institute in New York, leitete ab 1984 die Germania Judaica in Köln und seit 1993 das Hamburger Institut fir die Geschichte der deutschen Juden. 1996 wurde sie Professorin an der Universität Hamburg.

 

Hamburger Beiträge zur Geschichte der deutschen Juden - Band XXIV